Ich habe in meinem Leben schon einige Gruppenausstellungen organisiert, und sie sind jedes Mal etwas ganz besonderes. Schon bei der Planung und Vorbereitung überlege ich mir, welche Arbeiten und Arbeitsweisen gut in das Konzept, zu meiner Kunst und zu den Räumlichkeiten passen. Ich wähle bevorzugt Kollegen, die ich schätze, und von denen ich weiß, dass ich mit ihnen gut zusammenarbeiten kann.
Natürlich ist eine Gruppenausstellung viel aufwendiger zu gestalten, als eine Einzelausstellung.
Das Konzept muss für alle und zu allen passen, die Gestaltung der Einladungskarten und des Plakats sollte wenn möglich allen gerecht werden. Die Preislisten müssen angepasst und die Ausstellungseröffnung gemeinsam gestaltet werden. Und das klappt am besten, wenn alle Beteiligten zuverlässig und unkompliziert sind. Diven kann ich dabei nicht gebrauchen. Tatsächlich sind viele der Kollegen, mit denen ich am besten Zusammenarbeiten kann, Steinböcke vom Sternzeichen, so wie ich. Sie sind in der Regel gut organisiert und bereit, ihren Teil der Arbeit beizutragen.
Denn ein Vorteil ist bei Gruppenausstellungen, dass man sich die Arbeit teilen kann. Z.B. beim Transport der Arbeiten zur Galerie und beim Aufbau. Und spätestens beim Aufbau ergeben sich interessante Momente und wertschätzende Gespräche über die eigene Arbeit und die Kunst der Kollegen.
Wie setzten wir die Arbeiten in Bezug zueinander? Einige Kombinationen ergeben sich fast automatisch, andere testen und diskutieren wir ausführlich.
Die Arbeiten reagieren immer aufeinander, oder spielen miteinander. Sie bekommen durch die Kombination neue oder erweiterte Deutungsmöglichkeiten. Wir tauchen tief in die Welt des jeweils anderen ein. Der Smalltalk ist abgehakt, es geht ans Eingemachte: Wie bist du hier vorgegangen? Wie ist dein genauer Prozess? Was interessiert dich an diesem Thema? Es ist gut, hierfür Zeit einzuplanen. Zeit für den Aufbau. Zeit für’s Betrachten, für’s Zurücktreten, für das Überprüfen der Blickachsen. Die Wertschätzung unter Kollegen ist eine andere als von den Besuchern. Sie kommt aus einer tieferen Ebene des Verstehens, von einem Kunstschaffenden zum anderen.
Ich stehe noch ganz unter den Eindrücken der Gruppenausstellung in Burghausen mit Eva Čapková und Gotthart Kuppel.
Gotthart ist ein Künstler einer anderen Generation. Er hat als Judoka an den Olympischen Spielen in Tokio 1964 teilgenommen; hat als Arzt, Hochseilläufer, Theaterschauspieler, Regisseur, bildender Künstler und neuerdings auch Filmemacher gearbeitet. Er benutzt gefundene Objekte, um sie zu neuen, manchmal morbiden, aber immer auch humorvollen Kunstwerken zusammenzusetzen. Wir haben schon zusammen in Sarajevo, Wien, Bratislava, Prag, Bremen und nun Burghausen ausgestellt. Ich besitze eine Vodoo-Puppen ähnliche Flaschenskulptur von ihm und er hat einen Linoldruck von mir. Und wenn er mir sagt, dass ich ein sehr gutes Auge für das Arrangieren und hängen meiner Arbeiten habe und er mir seine Assoziationen zu meinem Bild Luba nennt, dann empfinde ich das als sehr große Wertschätzung. Dann fühle ich mich angenommen als Künstlerin unter Kollegen.
Und Eva bring wieder eine ganz andere Weltsicht, Kunstsicht hinzu. Sie ist Kunsthistorikerin und Malerin und hat sich intensiv mit einem tschechischen Künstlern auseinander gesetzt, der in den 60er Jahren die Magnetische Malerei bzw. Magnetische Grafik entwickelt hat. Er dufte unter den Kommunisten nicht als Künstler arbeiten und hat sich seine Materialien und seinen Weg im Umfeld der Fabrik gesucht, in der er arbeiten musste. Eva hat eine Biografie über ihn geschrieben und nach einigem Zögern auch seine Technik aufgegriffen und weiterentwickelt. Die Ergebnisse sind sowohl ungewöhnlich als auch sehr malerisch und spielen mit dem kontrollierten Zufall.
So befindet sich jeder Künstler in seinem eigenen Universum und es ist so herrlich bereichernd in diese unterschiedlichen Welten einzutauchen.
Und genauso herrlich ist es, die Aufsicht für ein paar Stunden dem einen Kollegen zu überlassen, während man mit dem anderen Kollegen die längste Burg der Welt besichtigt. Und Besucher gibt es reichlich. Dies ist natürlich auch ein wichtiger Aspekt bei Gruppenausstellungen.
Später bauen wir dann gemeinsam die Ausstellung ab. Und während der eine noch die letzten Bilder in Luftpolsterfolie einpackt, zieht der andere die Nägel aus den Wänden und füllt die Löcher mit Spachtelmasse zu.
Am nächsten Tag erhalte ich eine Nachricht von Eva: „Ich organisiere für uns die nächste Ausstellung 2026 in einem Schloss in Tschechien“. So darf es gerne weitergehen.